Langzeitstillen mit Zwillingen (VI) | Gastbeitrag Mama Natur

Stillen in der Öffentlichkeit

Heute darf ich euch Anita von MamaNatur vorstellen. Anita ist dreifach Mutter und hat ihre Zwillinge gestillt. Wow! Respekt , dass du es überhaupt probiert hast, aber jetzt lest erstmal ihre Erfahrungen dazu und wie lange sie gestillt hat und ob sie noch stillt:


Ich hatte nie den Plan lange zu stillen, aber dass ich stillen wollte war mir schon klar bevor ich schwanger war.
Ich hatte schon einige Bücher gelesen zum Thema natürliche Ernährung und auch wie man sein Kind “natürlich” großzieht.
Die Empfehlung 6 Monate ausschließlich voll zu stillen und dann (möglichst) bis zum zweiten Lebensjahr neben Beikost weiter zu stillen, habe ich auch gelesen, aber was das bedeutet war mir nicht klar. Wie es ist 6 Monate lang ausschließlich als Mutter für die Nahrung des Kindes zuständig zu sein und danach noch 1,5 Jahre weiter zu machen, das weiß man erst, wenn man an dem Punkt angelangt ist.

Meine Zwillinge waren Frühchen und unser Start in die Stillbeziehung war schwer. Ich hatte eine traumatische Geburt (das kann ich im Nachhinein sagen) und nach der Geburt waren meine Babys nicht bei mir sondern im Brutkasten. Getrennt von mir und getrennt voneinander. Die Schwestern im Krankenhaus haben sich Mühe gegeben. Ich habe Fotos von den Mädchen ausgedruckt bekommen, damit ich beim Pumpen an sie denken konnte. Das war liebevoll aber ganz ehrlich am Pumpen ist nichts liebevoll. Ich fand es sehr lästig und das Einzige, dass mir Kraft gab waren meine Kinder und mein Mann. Leider kam einfach keine Milch. Nach drei Tagen wurden die Mädchen mit Milchpulver gefüttert. Schrecklich für mich. Ich war am Boden zerstört.
Die Schwestern auf der Station haben mir dann irgendein Medikament gegeben und plötzlich ging es los. Ich pumpte und hatte Milch für mindestens drei Kinder. Was für eine Erleichterung.
Ich ging dazu über bei meinen Babys zu pumpen. So saß ich dann oft zwischen den Brutkästen und pumpte, wenn ich nicht gerade die Babys auf der nackten Brust hatte.
Es ist wirklich interessant wie sich die Farbe der Milch verändert in den ersten Wochen.
Vom Pumpen hat es noch lange gedauert bis ich die Mädchen dann an die Brust bekam. Das war aber immer das Ziel für mich und Licht am Ende des Tunnels.
Sie waren zu schwach zum Trinken und bekamen meine Milch oft über eine Magensonde während sie schon schliefen.
Mein erstes richtiges (erfolgreiches) Stillerlebnis hatte ich mit Kind 1. Sie hat eine gute Mahlzeit an meiner Brust getrunken als sie knapp drei Wochen alt war. Es war so erhebend für mich.
Kind 2 hat sich schwer getan. Ein Stillhütchen musste helfenderweise herhalten, damit auch sie an meiner Brust trank.
Es dauerte insgesamt ca. 7 oder 8 Wochen. Dann konnte ich endlich aufhören mit dem Pumpen und habe nie wieder gepumpt. Ich wollte das nicht mehr. Nichtmal um eine nächtliche Fütterung oder so von meinem Mann übernehmen zu lassen.
Ab dann habe ich 9 Monate voll gestillt. Sie hatten auch kein Interesse an Nahrung. Nach 9 Monaten habe ich Nahrung angeboten, aber bis sie ungefähr 14-16 Monate alt waren bestanden 80-90% ihrer Nahrung aus Muttermilch.
Das empfand ich als anstrengend und ich war erleichtert als es langsam weniger wurde.

Am schwierigsten war das nächtliche Stillen. Alle 1-2 Stunden stillte eine der Beiden. Auch eine Verbesserung auf 2-3 Stunden brachte mir keine große Erholung, so dass ich mit 18 Monaten in einer Hauruck-Aktion nachts abstillte. Das fanden die Mädchen nicht lustig. Ich weinte mit, aber ich konnte nicht mehr. Kurz darauf gingen sie dann auch in den Kindergarten und die Stillmahlzeiten wurden weniger bis wir nur noch abends stillten.
Als sie ca. 23 Monate alt waren, wollte ich einen Abend nicht stillen und am nächsten Tag haben sie nicht mehr danach gefragt. Abgestillt.
Ich empfand mich nie als Langzeitstillende, da ich ja nicht mehr groß in der Öffentlichkeit stillte und in meinen Augen auch “nur” der Empfehlung der WHO folgte.

Aber jetzt ist es mir bewusst, dass es nicht die Regel ist sein Kind so lange zu stillen und schon gar nicht Zwillinge so lang zu stillen.

Mit der Jüngsten war der Stillstart unkompliziert. Mein Selbstbewusstsein war sehr gewachsen durch die Stillbeziehung mit den Zwillingen.
Ich habe nie drüber nachgedacht wie lange ich die Jüngste stillen will. Es hat sich irgendwie ergeben, dass ich sie jetzt mit fast drei Jahren immernoch stille. Es hat sich schon deutlich reduziert, aber bis sie Zwei war haben wir noch sehr regelmäßig gestillt. Vor allem Überreizung, Angst, Freude und auch Kuschelbedürfnis waren für sie immer ein Trigger nach Milch zu verlangen.
Jetzt ist es in einen Rhythmus übergegangen. Morgens nach dem Aufwachen. Beim Mittagsschlaf und abends vor dem Einschlafen.

Ich weiß nicht wie lange wir noch stillen. Ich habe mir kein Limit gesetzt und ich hoffe darauf, dass es sich ausschleicht. Immer öfters “vergisst” sie danach zu fragen und ich biete von mir aus nur an, wenn ich es für wichtig halte.

Ich dachte mal, dass meine Schmerzgrenze (soweit man davon sprechen kann) bei drei Jahren liegt, aber wenn sie noch weiter stillen möchte, dann werde ich ihr den Wunsch nicht abschlagen, glaube ich. Ich wüßte nicht wie ich es ihr begründen soll. Es würde definitiv in eine (traurige) Diskussion münden, denn sie ist ja schon sehr verständig.

Was würde ich mir von der Gesellschaft wünschen?
Ich hatte eigentlich keine komischen Begegnungen, wenn es um das Stillen ging. Im Zug wurde ich ab und zu etwas komisch angesehen, aber die Gründe dafür kenne ich nicht. Keiner hat mich dort angesprochen.
Beim Rückbildungsyoga wurde ich einmal gebeten in einem anderen Raum zu stillen. Das hat mich aber nicht gestört und ich fühlte mich nicht schlecht behandelt.

Wenn ich heute erzähle, dass ich noch stille, wird das so hingenommen. Viele wissen es sowieso und einige wissen es durch meinen Blog.
Auch meine Verwandten fragen nicht wann ich denn aufhören möchte. Es wird einfach akzeptiert oder zumindest spricht mich keiner darauf an.

Ich bin eben ein Exot und mache mein Ding und da ist das Langzeitstillen wahrscheinlich einfach normal.


Liebe Anita, vielen herzlichen Dank für deine Erfahrungen! Ich ziehe den Hut vor dir, dass du trotz des schweren Startschusses nicht aufgegeben hast!

Eure Lisa

Ihr möchtet auch über eure (Langzeit)Stillbeziehung berichten? Ihr habt etwas, was ihr der Gesellschaft bezüglich des Themas Stillen sagen möchtet? Dann schreibt mir gerne eine Mail an geborgenundgeliebt@gmail.com !

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