Stillen nach Bedarf – Solang mein Kind möchte.| Gastbeitrag von familienzuschlag

Als ich schwanger wurde wusste ich, dass ich Stillen werde. Mehr nicht. Ich hatte weder eine Vorstellung davon wie lange noch wie das funktionieren würde. Wenn ich recht überlege, dachte ich wohl, ich stille ein paar Monate. Irgendwie so wie alle eben.

 

Während meiner Schwangerschaft lernte ich dann solche Begriffe wie „Saugverwirrung“ kennen. Man gibt den Neugeborenen keinen Schnuller oder Flasche damit sie die Brust nicht verweigern. Erst nach ca 6 Wochen solle man damit beginnen, dann trete die Saugverwirrung nicht auf. Bis dato hatte ich ebenfalls keinerlei Vorstellung, ob mein Kind mal einen Schnuller bekommen wird. Flasche – hm – ich stille ja. Brauche ich mir dazu keine Gedanken machen. Vorher Flaschen kaufen musst du nicht, sagt meine Hebamme. Was meine Hebamme sagt, das ist Gesetz. Für mich.

 

Und dann ist es so weit. Carli kommt auf die Welt und wird mir auf den Bauch und dann auch an die Brust gelegt. Und wir können das. Wir können Stillen. Sie nuckelt und nuckelt. Und auch in der Nacht und auch am nächsten Tag. Wir können das. Wir sind Still-Profis. Wir sind ein echtes Team. Meine Brustwarzen werden wund, aber nur 2 Tage. Ja, das tat weh. Und ja, ich habe auch mal eine Träne verdrückt, wenn Carli mit ihrem festen Zug andockte. Aber es ging vorbei. Andere Schmerzen waren schlimmer. Und wenn ich schon nicht die Geburt meiner Träume hatte, Stillen wollte ich. Der eiserne Wille war da. Irgendwas musste ich doch richtig können und Stillen, das konnte mir in diesen Tagen niemand nehmen. Und ich genieße es. Jede einzelne Minute mit ihr. Wir wachsen jedes Mal ein bisschen enger zusammen. Mein Baby und ich.

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So ging die Zeit ins Land. Carli durfte an die Brust, wann immer sie es wollte. Stillen nach Bedarf und auch die Dauer nach Bedarf. Irgendwann meinte meine Hebamme, dass wenn ich arbeiten gehen wolle und abpumpen müsse, wir ihr so langsam mal eine Flasche geben sollten. Es gibt einen Zeitpunkt ab dem sie die Flasche nicht mehr nehmen.

Nach 6 Wochen – ich glaube es waren doch eigentlich ein paar Tage mehr – hatte ich eine Besprechung bei der ich Carli nicht mit nehmen wollte. Mein Freund wollte so lange vor der Tür warten und wenn sie mich brauchte, könnte ich einfach raus kommen. Ich habe trotzdem Milch abgepumpt. Eine elende Prozedur. Irgendwann habe ich heraus gefunden, dass es morgens nach dem Wachwerden am besten läuft. Oder Tandem Stillen-Abpumpen. Einfach so auf dem Sofa – egal ob mit Blick aufs Kind – funktioniert nur langsam und ist anstrengend. Jedenfalls war das die erste Situation in der Carli eine Flasche angeboten bekam und es war auch nicht die letze. Aber sie wollte die Flasche nicht. Wir haben es später auch mit Milch aus Bechern oder von Löffeln versucht, aber mein Kind, mein Baby, mein Still-Partner wartet lieber bis ich wieder zurück bin. Sie wartet geduldig auf mich. Sie ist nicht meckerig oder übellaunig vor Hunger. Nicht mit 3 Monaten, nicht mit 8 Monaten, nicht mit 12 Monaten. Sie wartet auf mich. Sie will keinen Ersatz. Sie nimmt nur das Originalprodukt mit der Originalverpackung.

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Sie nimmt keinen Schnuller zum Beruhigen. Ja, hier liegen welche. Und ja, wir haben ihr auch mal einen angeboten. Aber wir haben den Schnuller nicht antrainiert. Denn wenn sie wirklich schlecht drauf war, gab es ja meine Brust. Heute spielt sie mit den Schnullern, aber wofür sie wirklich gut sind, weiß sie nicht.

 

Sie trinkt nicht aus der Flasche. Auch kein Wasser, auch keinen Tee. Sie trinkt seit sie 6 Monate ist gut und irgendwann auch sehr selbstständig aus Bechern und Gläsern. Nein, keine Trinklernbecher, sondern aus unserem Geschirr.

 

Jetzt kann man natürlich argumentieren, dass Carli doch eine Saugverwirrung hat. Sie saugt nämlich an nichts Unnatürlichem. Eventuell hätte eine Flasche oder ein Schnuller mein Leben manchmal einfacher gemacht. Ich könnte abends öfter auch mal weg. Ich müsste mein Kind nicht überall in der Öffentlichkeit stillen. Ich hätte auch mal länger als 3-4h von Carli getrennt sein können. Diese Nächte in denen sie gefühlt 9 von 10 Stunden an meiner Brust hängt, hätte ich eventuell auch nicht, weil sie sich durch einen Schnuller hätte zufriedenstellen lassen. Aber ehrlich? Ich habe die letzten 13 Monate auf nichts wirklich verzichten müssen. Ich habe so ein wundervolles zufriedenes Kind, das ich überall mit hinnehmen konnte. Ich konnte mit ihr ins Theater gehen. Wurde sie unruhig: Brust raus, Kind glücklich. Ich konnte mein Theaterprojekt zu Ende bringen. Kind ins Tuch. Wurde sie unruhig: Brust raus, Kind glücklich. Kein aufwendiges Flasche machen, keinen Schnuller suchen. Ich habe alles dabei, was sie braucht. Ich bin trotz Arbeit nicht übermüdet – Familienbett und Co-Sleeping sei Dank, stille ich Carli im Halbschlaf. Und ich bin stolz darauf. Auf uns. Auf Carli und mich, das wir unserem Weg gefunden haben. Das wir hier in dieser einen Sachen keine Abkürzungen und Umwege gehen mussten, sondern von Anfang an die richtige Straße gewählt haben.

 

Ich war nie abgeneigt, ihr auch Muttermilch aus der Flasche zu geben. Sie wollte es nur nicht. Ich war auch nie abgeneigt gegen Schnuller. Sie wollte sie nur nicht. Wir haben ihr beides angeboten. Und weil ich schon früh wieder arbeiten gegangen bin, war ich auch nicht Rund um die Uhr zur Verfügung. Ich bin davon ausgegangen, dass sie deshalb a) die Flasche eher akzeptieren wird und b) auch früher mit Essen beginnt. Aber sie hatte ihren eigenen Kopf. Ihren eigenen Plan. Ihren eigenen Rhythmus.

 

Und ich fühle mich gut damit. Mit unserem Weg. Natürlich bleibe ich auch manchmal stehen und frage mich, wie das hier weiter gehen wird. Wie lange ich sie noch stillen werde. Ob wir es schaffen, dass Carli sich selbst abstillt und wir unsere Stillbeziehung ohne Drama beenden können. Ob nicht irgendwann doch der Punkt kommt an dem ich denke, wäre ich doch eine Straße früher abgebogen. Aber das weiß ich jetzt nicht. Noch nicht. Jetzt weiß ich nur, dass es für uns richtig ist. Dass es ihr gut tut und mir auch. Ich weiß, dass es wichtig für sie ist, um sich geborgen zu fühlen. Um ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Um Kraft zu tanken. Um Ruhe zu bekommen.

 

Natürlich verändert sich eine Stillbeziehung über die Monate. Irgendwann hat auch Carli begonnen zu essen (Kein Brei sondern BLW). Irgendwann ist Stillen weniger Nahrungsaufnahme als Beruhigung, Nähe und Geborgenheit. Irgendwann werden wir auch den nächsten Schritt gehen und Carli wird nicht mehr stillen wollen.

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Irgendwann werde ich mir die Fotos ansehen wie sie an meiner Brust liegt und ich werde dieses Gefühl von geborgen und geliebt sein in mir spüren und wissen, dass ich bei dieser einen Sache alles richtig gemacht habe. Und ich werde diese Momente sicherlich vermissen.

Hier der Blog von familienzuschlag

3 Kommentare

  1. Hallo,
    Gerne würde ich auch länger stillen, nur wie soll man das anstellen, wenn man nach einem Jahr wieder in Schichten arbeiten gehen muss und somit nicht zu geregelten Zeiten, z.b.: abends, da sein kann?
    Solche Zeiten können nicht natürlich sein und dann regelt der Körper und eventuell das Kind von selbst ab, oder?

    1. Hallo Johanna,
      Es gibt sogenannte Stillpausen, in denen du entweder dein Kind stillst oder abpumpst. Und auch dein Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass die abgepumpte Milch kühl gelagert werden kann.

      Über dieses Gesetz bzw Regelung bin ich sehr froh, auch wenn ich derzeit (noch) nicht arbeite .

      Lg

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